Molyvos (Mithimna)

Lesvos

Home

Home
Lesvos-News 2010

23.Dezember 2010
13.Dezember 2010
8.Dezember 2010
24.November 2010
17.November 2010
8.November 2010
1.November 2010
23.Oktober 2010
11.Oktober 2010
6.Oktober 2010
27.September 2010
22.September 2010
14.September 2010
7.September 2010
1.September 2010
24.August 2010
16.August 2010
10.August 2010
2.August 2010
28.Juli 2010
19.Juli 2010
13.Juli 2010
6.Juli 2010
29.Juni 2010
22.Juni 2010
15.Juni 2010
10.Juni 2010
3.Juni 2010
27.Mai 2010
21.Mai 2010
12.Mai 2010
6.Mai 2010
1.Mai 2010
17.April 2010
8.April 2010
30.März 2010
26.März 2010
14.März 2010
10.März 2010
4.März 2010
22.Februar 2010
16.Februar 2010
8.Februar 2010
2.Februar 2010
25.Januar 2010
19.Januar 2010
12.Januar 2010
5.Januar 2010

BOULEVARD NEWS AUS LESVOS

 

Herausgeputzt fürs Fest

 

2.August 2010 - Der Robinson Crusoe von Molyvos

Aus dem Holländischen/Englischen von Gabriele Podzierski 

 

Derzeit machen die seltsamsten Geschichten über Griechenland im Ausland ihre Runde, so wie, dass wir nichts mehr zu essen haben hier, das Leben aufgrund von Streiks und Benzinmangel platt liegt und es deshalb auch riskant ist, einen Urlaub hier zu verbringen, da nicht sichergestellt ist, ob man überhaupt wieder nachhause kommt. Vor allem die Meinung der deutschen Bevölkerung über Griechenland ist sehr negativ, was sich ganz schnell ändern muss.

 

ALLES UNSINN! Natürlich ist das Leben der Griechen aufgrund der Wirtschaftskrise nicht leicht in diesen Tagen, und manch ein Geschäft muss die Pforten schließen, da ein großer Teil der Touristen in dieser Saison wegbleibt, aber weiß Gott, die Griechen haben in der Vergangenheit schon mehr als diese bitteren Zeiten durchlebt. Kurzum: Das Leben geht seinen gewohnten Gang hier, auch für die Touristen!

 

Über die Streiks ist zu sagen, dass endlich ein jeder inzwischen eingesehen hat, dass sie in der jetzigen Situation pures Gift für das Land sind, und somit sind sie bezüglich des Flugverkehrs schon einmal bis zum Saisonende ausgesetzt. Ja, da sind jetzt noch die LKW-Fahrer, die den Griechen das Leben schwer machen, so dass der Treibstoff in den großen Städten auf dem Festland knapp wird, aber, im Gegensatz zu den Niederlanden, hat Griechenland noch eine Regierung, und die hat nun das Militär eingesetzt, so dass ein jeder genug Benzin hat, um an den Strand zu kommen. Also, welches Risiko geht ein Griechenland-Tourist denn eigentlich ein? Höchstens einige Verspätungen, aber ehrlich, dazu kann es doch in jedem anderen Reiseland auch kommen.

 

Vorige Woche ist mir zu Ohren gekommen, dass die Gemeinde Molyvos, aufgrund fehlender Gelder, starke Zweifel daran habe, wie in jedem Jahr das Fest der heiligen Theoktisti zu feiern. Die Befürchtungen bewahrheiteten sich nicht ganz: Freitag führte man die festlich geschmückten Pferde und den Stier durch das Dorf, um Geld zu sammeln, damit die Feierlichkeiten stattfinden können. Tja, und abends standen dann, wie es der Brauch verlangt, große Kessel mit der Festtagssuppe „Keskes“ (gekochter Bulgurweizen mit Fleisch) über den schwelenden Feuern vor den Toren der kleinen Kirche „Agia Theoktisti“ in Molyvos und am Samstag wurde gefeiert. Wofür nun doch kein Geld da war und deshalb ausfiel, war das dazugehörige Pferderennen am Sonntag.

 

Juli und August, das sind die Monate der traditionellen Dorffeste, die zu Ehren der jeweiligen Schutzpatrone stattfinden. Höhepunkt ist der 15. August, wo Besuchermassen nach Pétra und Agiássos strömen, um die Himmelfahrt Marias zu feiern.

 

Trotz der Krise hatte letzte Woche Vafiós sein Fest und dieses Wochenende war also Molyvos an der Reihe, dass die Ikone seiner relativ unbekannten Schutzheiligen durch die Straßen tragen ließ. St.Theoktisti kam in Mythimna (der alte Name von Molyvos) zur Welt. Sehr jung verlor sie ihre Eltern und trat deshalb in ein Kloster ein, wo sie gottesfürchtig und voller Enthusiasmus all ihren Pflichten nachkam. Eines Tages verließ sie das Kloster, um ihre verheiratete Schwester zu besuchen.

 

Wir reden über das 9. Jahrhundert, die Zeit, als der byzantinische Kaiser, Leo VI. (genannt der Weise oder der Philosoph) mit den Gefechten gegen sarazenische Piraten beschäftigt war (886 – 912), die zu dieser Zeit ihre Basis auf Kreta hatten. Sankt Simeon, Berater am kaiserlichen Hof, dem man den Beinamen Metaphrastes gab, war es, der die Geschichte von Theoktisti aufzeichnete, nachdem er sie von Nikitas Magister hörte, einem Beamten, der nach Kreta geschickt wurde, um mit den Sarazenen zu verhandeln.

 

Wegen schlechten Wetters, musste das Boot, auf dem sich Nikita befand, Schutz auf der Insel Paros suchen. Dort besuchte er, die schon damals berühmte „Kirche der hundert Pforten“ („Ekatontapiliani“)wo ein einsamer Mönch ihm folgendes erzählte:

 

Paros war noch unbewohnt, erhielt aber häufig Besuch von Jägern aus Euböa (auch Evia), da die Insel reich an Wildschweinen und Hirschen war. Einer von ihnen traf eines Tages an einer Kirche eine wild aussehende Frau, nur teilweise mit Fell bekleidet. Sie bat ihn um seinen Mantel, dann, sittsam bedeckt, stellte sie sich mit dem Namen Theoktisti vor und erzählte ihm, wie sie mit vielen anderen Menschen bei einem Überfall auf Lesvos von Piraten entführt wurde.

Als die Seeräuber auf Paros anlegten, um Proviant zu besorgen, konnte sie ihnen entwischen und lebte nunmehr seit 35 Jahren wie Robinson Crusoe in der Wildnis  auf der menschenleeren Insel. Ihre Nahrung bestand einzig und allein aus Pflanzen. Trotz dieses sicherlich harten Lebens, war das einzige, um das sie den Jäger bat, wenn er zurückkäme, eine geweihte Hostie, damit sie in Frieden sterben könne. Der Jägersmann versprach es und hielt Wort. Im darauf folgenden Jahr, als er wiederum zur Jagd nach Paros kam, suchte er sofort Theoktisti auf und erfüllte sein Versprechen. Dann ging er zurück zu seinen Kumpanen, jagte noch einige Tage und wollte sich dann von Theoktisti  verabschieden. Er fand sie jedoch tot auf. Dem Jägersmann dämmerte schon, dass es sich bei der Frau um eine Heilige handeln muss, und da zu dieser Zeit Reliquien hoch im Kurs waren, trennte er ihr eine Hand ab, um diese mitzunehmen. Als er dann mit seinen Freunden die Insel verlassen wollte, gelang es ihnen nicht, ihr Schiff ins offene Meer zu bekommen. Der Jäger begriff, dass er etwas getan hatte, was Gott missfiel und sogleich machte er sich auf den Weg zu dem Gotteshaus, um Theoktisti, zusammen mit ihrer Hand, zu begraben. Erst als er danach den Wind in den Segeln spürte, gestand er seinen Mitreisenden die verabscheuungswürdige Tat. Seine Freunde waren entsetzt, kehrten unverzüglich nach Paros zurück, um der Verstorbenen die Ehre zu erweisen. Als sie bei der Kirche ankamen, war jedoch der Leichnam verschwunden.

 

Später sind ihre Gebeine wohl doch noch gefunden worden, denn es wurde ein Kirchlein für sie erbaut. Man sagt, dass Bewohner von Ikaria sich der Knochen bemächtigt haben sollen, wovon nur ein Knöchelchen übrig geblieben sei, das jetzt als Reliquie in der „Agia Theoktisti“ aufbewahrt wird. Diese Kapelle liegt in der berühmten „Kirche der hundert Pforten“, die auf dem Platz steht, wo die Heilige lebte und die bekannteste auf Paros ist.

 

Na, wenn Theoktisti 35 Jahre auf einer unbewohnten Insel überleben konnte, dann schaffen die Griechen es doch wohl auch, die heutigen wirtschaftlich schwierigen Zeiten zu überstehen. Und der Tourismus auch. Den Stränden, dem blauen Meer, der schönen Natur, den angenehmen Temperaturen, den verschlafenen Dörfern und der Freundlichkeit der Griechen, all dem hier auf Lesvos kann die Krise nichts anhaben. Auch wenn man den Gürtel derzeit etwas enger geschnallt hat, so wird dennoch auf den Dorffesten gefeiert, und die Griechen genießen den Sommer. Statt fernzubleiben, sollten Sie den Griechen durch den Besuch ihres immer noch bezaubernden Landes helfen!