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BOULEVARD
NEWS AUS LESVOS
Der Parkplatz in Molyvos
30.März 2010 - Eisen und Beton
Aus
dem Holländischen/Englischen von Gabriele Podzierski
Normalerweise ist Ostern auf Lesvos auch gleichzeitig der Beginn der
Sommersaison. Dieses Jahr ist das orthodoxe Osterfest (es wird 2010 zur
gleichen Zeit gefeiert wie das katholische) aber so früh, dass von
Sommeranfang nicht die Rede sein kann.
Sieht es sonst so aus, dass die Hotels alles daransetzen, dass sie bis „Ágio
Páscha“ Gärten und Zimmer hergerichtet haben, um die ersten Touristen
willkommen zu heißen, ist Anfang April jedoch den meisten Herbergsvätern
zu früh, zumal ein großer Teil der griechischen Besucher eh wegen der
Wirtschaftskrise ausbleibt. Tja, und die Gemeinden der Insel, die
sowieso schon immer große Probleme haben, Straßen, Wege und Plätze
rechtzeitig bis zum Saisonstart in Ordnung zu bringen, kriegen dies in
diesem Jahr schon mal gar nicht hin.
Nun
hat die Gemeinde von Molyvos ja auch noch das Pech, dass die massiven
Schäden, die der Sturm in den letzten 3 Monaten am Eftalou-Boulevard
hinterlassen hat, repariert werden müssen. Ab und an sieht man zwar LKW
und Planierraupe mit einer Ladung Steine hantieren, aber wirklich etwas
gebracht, hat es bislang nicht, was auch daran liegen kann, dass seit
einigen Tagen der berühmt berüchtigte starke Westwind wieder zur
Höchstform aufgelaufen ist, und die Wellen mit voller Wucht gegen die
Straße krachen lässt, was zur Folge hat, dass er so ein arbeitsames
Tagwerk schnell wieder zunichte macht.
Eine Baumaßnahme, die jedoch reibungslos und vorbildlich vonstatten
geht, auch wenn sie nicht vor Ostern abgeschlossen sein wird, ist der
neue Parkplatz in Molyvos. Das unter Denkmalschutz stehende pittoreske
Dorf Molyvos verfügte am Fuße des Burgberges, direkt hinter der Schule,
über ein naturbelassene schöne Fläche, eine Art Feld, bewachsen mit
Schatten spendenden Olivenbäumen, wo ein jeder unentgeltlich sein Auto
parken konnte. Es funktionierte großartig, aber die Gemeinde sah das
wohl anders: Die gesamte Fläche ist nun mit Beton ausgegossen worden,
und die errichtete hohe doppelte Mauer weist darauf hin, dass eine
weitere höher gelegene Beton-Terrasse für noch mehr Parkfläche entstehen
wird. Die Olivenbäume stehen glücklicherweise noch, aber man stellt sich
doch die Frage, ob in finanziell so schwierigen Zeiten, dieses Projekt
so dringend und notwendig war, dass das wenige Geld dafür aufgebraucht
wird...
Schauen wir uns die Gemeinde Lisvori an, die nicht das Geld hat, ihre
Pläne zu realisieren, was heißt, dass die Sanierung der Heilquellen zum
Stillstand gekommen ist. Das was fertig ist, ist der Parkplatz vor den
Heißen Quellen: Wo einst ein schöner grüner Platz war, leuchten einem
jetzt Fliesen entgegen, womit der Bürgermeister sein Versprechen
eingehalten hat und den zunächst gegossenen hässlichen Beton verschönert
hat. Aber was nutzt das denn, wenn für die Restaurierung und Renovierung
von Bädern und Gästezimmern kein Geld mehr da ist und darüber hinaus die
erforderlichen archäologischen Baugenehmigungen fehlen. Da man bereits
mit den Arbeiten angefangen hatte und dann stoppen musste, sieht alles
noch schlimmer aus als vorher.
Jetzt komme ich zum Städtchen Pétra: Auch diese Gemeinde scheint an dem
Wettbewerb „Wie machen wir unsere Insel hässlicher?“ teilzunehmen. Der
neue Priester der auf dem 35 Meter hohen Felsen gelegenen Kirche „Panagia
Glykofilousa“, hat beschlossen, es den Gläubigen, die zum Gebet im
Gotteshaus die 114 Stufen heraufkraxeln müssen, leichter zu machen. Er
hat, man mag es kaum glauben, entlang des gesamten in Fels gehauenen
Pfades einen abgrundtief hässlichen hohen Zaun setzen lassen! Vielleicht
denken Sie jetzt noch hoffnungsvoll, dass dies Geschmackssache sei, aber
da muss ich Sie enttäuschen: Pétra, mit all seinen wertvollen
byzantinischen Reliquien, wurde mit einem Zaun von solcher Art bedacht,
wie er auf Baustellen zu finden ist. Die unzähligen Pilger, die zu
Ostern wieder ihren Fotoapparat auf das Wahrzeichen der Stadt richten,
werden Schwierigkeiten haben, neben hässlichem Eisen, ein lächelndes
Familienmitglied auf den Stufen hoch zur Kirche vor die Linse zu
bekommen.
Na
ja, Hauptsache ist, dass der Priester der berühmten Wallfahrtskirche von
Pétra bereit ist, all die vielen Kirchgänger zur Messe in der Nacht von
Karsamstag auf Ostersonntag zu empfangen. Der neue Parkplatz in Molyvos
und die Straße nach Eftalou werden dann noch lang nicht fertig sein und
werden wahrscheinlich demnächst, wenn der erste Touristenansturm
aufschlägt, für ein unterhaltsames Chaos sorgen.
Aber ehrlich gesagt, haben wir uns bislang ein jedes Jahr die bange
Frage gestellt, ob bis Mitte April alles gerichtet sein wird, und ein
jedes Jahr haben wir maßlos überrascht und staunend feststellen müssen,
dass die Griechen es immer wieder irgendwie, wie durch Wunderhand,
geschafft haben. Aber angesichts der vorgenannten Bauprojekte, habe ich
in diesem Jahr noch mehr Zweifel wie sonst, ob alles für die ersten
Lesvos-Besucher rechtzeitig fertig sein wird. Schaun wir mal...
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