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BOULEVARD-NEWS LESVOS

 

Barbarossa von Lesvos (Foto: Internet)

 

4.Dezember 2014 - Der griechische Knecht Ruprecht

Aus dem Holländischen von Gabriele Podzierski

 

Als ich in der letzten Woche bei einer Freundin eine  Deko-Figur am Kamin baumeln sah, dachte ich schon, dass diese Knecht Ruprecht darstelle, so mit Fell bekleidet und dem russ-schwarzen Gesicht. Sie ähnelte aber doch mehr einem Troll, und sogleich fiel mir wieder ein, dass es ja auch in Griechenland ein Völkchen gibt, welches im Monat Dezember durch Schornsteine in die Häuser schlüpft: Die Kallikantzaros!

 

Es sind kleine Monster, die unter der Erde leben und versuchen, den Baum des Lebens, der die Welt hält, zu Fall zu bringen. Die Legende sagt, dass es ihnen im Dezember, dann, wenn sie ihr Ziel fast erreicht haben, gestattet ist, den Untergrund zu verlassen. Voller Freude darüber, lassen sie alles stehen und liegen und begeben sich in die Oberwelt. Bedrohlich sind jedoch für sie Feuer, Wasser, Licht und das Kreuz. Tja, und so ist es für sie am Dreikönigstag, an dem Tag, an dem der Priester das Wasser mit dem Kreuz  segnet, Schluss mit lustig, und sie treten flugs den Rückzug in ihr Erdenreich an. Dort, oh Wunder, ist der Lebensbaum wieder komplett nachgewachsen, und sie können mit ihrer mühevollen Sägerei wieder von vorn anfangen.

 

Kallikantzaros sind kleine schwarze Wichtelmännchen, die aber auch mit Bocksfüßen, dem Schwanz des Esels oder sonstigen tierischen Teilen ausgestattet sein können. Essen und Trinken bereitet ihnen eine große Lust, sie haben Freude daran, in Menschen-Häuser einzudringen und die Bewohner in Angst und Schrecken zu versetzen, indem sie Möbel verrücken oder anderen Unsinn anstellen.

 

Hier einige Tipps, um ein Heim von diesen Kobolden  freizuhalten: Im Kamin ein Feuer entfachen, dass auch in der Nacht nicht erlischt (in einigen Regionen zündet man gar dicke Stämme an, die tagelang brennen), ein Sieb vors Haus legen oder ein Kreuz an die Hauswand malen, tja und da die Gnome sehr gerne zählen aber dies nur bis 2 können, kann man einige Bündel Flachs an die Tür hängen, um sie die Nächte beschäftigt zu halten…Achtung,  besondere Vorkehrungen sind jedoch unbedingt zu treffen, wenn ein Kind zu Weihnachten auf die Welt kommt: Damit sich so ein neuer Erdenbürger nicht in einen Kallikantzaroi verwandelt und um ihn zu beschützen, muss man unbedingt rund herum seiner Liegestätte Knoblauchstränge aufhängen!

 

Soweit ich weiß, gibt’s in Griechenland keine Vorschriften, wie Kallikantzaros auszusehen haben. So ist dies auch von Landstrich zu Landstrich unterschiedlich, bis auf das sie überwiegend von schwarzer Hautfarbe sind. Nun haben die Griechen ja keine wirkliche Vorgeschichte mit schwarzen Sklaven, jene, die in ihren Haushalten arbeiteten, waren weiß und manchmal sogar ihre eigenen Landsmänner und -/frauen. Während der gesamten Antike wurden in Griechenland Sklaven gehalten, denn wenn es Krieg gab, war fette Beute zu machen, und es war durchaus üblich, die Menschen, die sich geschlagen geben mussten, als Leibeigene mitzunehmen. Im Römischen Reich blühte die Sklaverei wie nie zuvor, und in einer jeden Stadt war ein Sklavenmarkt zu finden, dem größten in Rom folgte der in Ephesus (heutige Türkei, ungefähr gegenüber von Samos). In Griechenland war es die Insel Delos, die sich bzgl. dieser Handelssparte einen Namen machte.

 

Der erste Gattilusio, der seine Macht über Lesvos ausübte, war ursprünglich ein Pirat (s. Lesvos-News vom 13.2.2012). Über ein Jahrhundert später ermordete der letzte Spross dieser englischen Familie aus Machthunger seinen Bruder, was ihm aber kein Glück brachte, denn nicht viel später, im Jahre 1462, eroberten die Osmanen die Insel, und er wurde samt seiner Familie als Sklave nach Konstantinopel verschleppt.

 

Seit der Zeit der Römer machten Piraten das Mittelmeer unsicher, aber mit Beginn des 16. Jahrhunderts entwickelte sich die Piraterie zu einer wahren Plage, nachdem im Norden Afrikas das politische Chaos ausgebrochen war. Kleine Berbergemeinschaften ließen sich von nichts und niemanden auch nur das Geringste vorschreiben, besegelten die Meere, griffen Schiffe an und plünderten die Küstengebiete, wobei die größte Beute aus Menschen bestand, die als Sklaven nach Nordafrika verkauft wurden. Der Historiker Robert C. Davis hat berechnet, dass es bis zum 19. Jahrhundert allein in der Gegend um Algier, Tunis und Tripolis 1.- 1.250.000 Sklaven gab (im Gegensatz zu einer halben Million afrikanischer Sklaven, die nach Amerika gebracht wurden).

 

Die Piraten rund um das Mittelmeer wurden als Barbaresken-Korsaren bekannt und terrorisierten insbesondere die Mittelmeerküsten. Nach zahllosen Seeschlachten und Bombardierungen der zahllosen Piratennester, von denen das mächtigste und letzte Algier war, gelang es den Seemächten, wie England, Spanien, Frankreich, Holland sowie den gerade gegründeten Vereinigten Staaten, um 1830 die Lage in den Griff  und Küsten und Meere sicher zu bekommen.

 

Aber Seeräuber kamen nicht nur aus dem Osmanischen Reich oder Afrika, googeln Sie mal den Engländer Jack Ward oder die Niederländer Simon Dancer (Enzyme Danseker) und Ivan Dirkie De Veenboer (Sulayman), so werden Sie glücklich sein, diesen nun nicht mehr auf einer Seereise begegnen zu können. Die bekanntesten Piraten kamen jedoch von unserer Insel Lesvos: Oruc und Hizir Hayreddin, besser bekannt als die Gebrüder Barbarossa. Aber glauben Sie jetzt nicht, dass Lesvos somit geschützt war vor der Seeräuberei, nein, auch in Mytilini wurde ein Sklavenmarkt betrieben, und kein Inselbewohner war so verrückt, dass er ungeschützt in einem Dorf direkt am Meer wohnen wollte. Denken Sie nur an die damalige Dorfgemeinschaft von Petra, die sich mit ihrer Felsenkirche „Panagia Glykofilussa“ so beschützt fühlte, und, was ist passiert? Im Jahre 1675 stattete der französische Korsar Hugo de Crevillier dem Dorf einen Besuch ab, hinterließ es nicht nur in Schutt und Asche sondern nahm auch noch 500 Dorfbewohner in Gewahrsam und verkaufte diese als Sklaven.

 

Auch das Kloster in Mandamados wurde von Piraten überfallen (s. Lesvos-News vom 18.4.2006), jedoch sagt die Geschichte, dass alle Mönche, bis auf einen Glaubensbruder, getötet wurden und der Überlebende aus der blutgetränkten Erde die dort stehende, angeblich Wunder wirkende  Ikone des Erzengels Michael schuf.

 

Piraten haben natürlich nichts mit dem Weihnachtsfest und auch nichts mit den Kallikantzaros zu tun, obwohl......na ja, wenn man sich die obige Radierung von Barbarossa ansieht, es könnte schon ein solcher  Kobold oder ein Knecht Ruprecht sein, nicht wahr? Der Unterschied zwischen der einstigen Sklaverei im Mittelmeerraum und der in Amerika ist, dass die Sklaven in Amerika von schwarzer Hautfarbe  aber in Europa es meist weißhäutige Christen waren, die von den  dunkelhäutigen Muslimen versklavt wurden. Ist dies vielleicht der Grund dafür, weshalb die Kallikantzaros kleine schwarze Männer sind?