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BOULEVARD-NEWS LESVOS

 

Bild: Maskengrasmücke (Sylvia rueppelli)

Foto: Gerard van Zeele (www.gerardvanzeele.com)

 

2.Juni 2014 – Grasmücken und andere Freuden

Aus dem Holländischen von Gabriele Podzierski

 

Inzwischen ist man auf vielen griechischen Inseln dazu übergegangen, sie teilweise nahezu in Vergnügungsparks umzuwandeln.

Mit Freude kann ich berichten, dass das auf Lesvos noch nicht einmal ansatzweise geschehen ist. Nach wie vor ist diese Insel das perfekte Reiseziel für die Menschen, die das ursprüngliche Griechenland lieben und suchen. Das ist das, was man aus Reiseberichten erfährt, und ich kann das nur bestätigen.

 

Die Frage stellt sich jedoch, wie lange der riesige Naturpark Lesvos sich noch gegen die Touristenwünsche der Neuzeit stellen kann. Noch erwarten den Besucher, statt Aquaparks mit Wasserrutschen, die sicherlich wesentlich reizvolleren 16 Wasserfälle, wie die z.B. von Pesa. Noch sind Fahrten hoch auf den Olympos oder ins Lepetimnosgebirge bestimmt für viele Leute spannender, als eine Fahrt auf der Achterbahn, tja, und ist man erst einmal wieder daheim und kann dann gar – so wie in der letzten Woche – aufgeregt berichten, dass man ein Erdbeben mitgemacht hat, so schindet das doch wohl mehr Eindruck, als wenn man erzählt, dass man, sitzend auf einer riesigen Plastikbanane, von einem Motorboot gezogen und durchgeschüttelt wurde…

 

Eine Veränderung, um den Spaßfaktor der Touristen zu erhöhen, gibt es jedoch seit Beginn dieser Saison und sie wird zukünftig sicherlich eine anderes Publikum in den Norden der Insel locken. Diese Neuerung begeistert nicht jedermann, und so gibt es eine Menge Aufregung um die „Traktoren“, die 2 Anhänger zwischen Molyvos, Petra und Anaxos hin- und herschleppen. Dies langsame Züglein mit Namen „Village-Train“, das den Verkehr auf dem schmalen Boulevard von Petra und der ja nicht wirklich breiten Straße zum Hafen von Molyvos arg behindert, ist Anlass zu manch einer Auseinandersetzung zwischen Zugführern, Taxi- und Busfahrern, die manchmal gar so weit gingen, dass der Verkehr zum Erliegen kam und die Polizei einschreiten musste. Die Gerüchteküche schwelt: Ist es ein Versuch dem Zugbetreiber zu schaden? Ich halte mich besser da raus und gebe keine Mutmaßungen ab. Wissen Sie, ich sage überhaupt zum Thema Dorfzug nichts, denn ob ich mich dafür oder dagegen ausspreche, ich hätte umgehend Feinde fürs Leben…

 

Da ja ein jedes Ding zwei Seiten hat, hat sich auch eine positive entwickelt seit das Züglein zur Burg hoch tuckert: Auch der Strandbus, der zwischen Molyvos-Petra-Anaxos verkehrt, erklimmt nun den Hügel zum Kastell und nun kommen die Menschen ganz bequem und kostengünstig dort hoch, wenn sie dem mittelalterliche Schmuckstück der Stadt einen Besuch abstatten wollen.

 

Und es gibt von einer weiteren Neuerung zu berichten, nämlich der Sanierung der seit mittlerweile einem Jahrzehnt vor sich hin gammelnden fliegenden Untertasse auf einem der Hügel zwischen Molyvos und Petra. Im nächsten Monat soll die Neueröffnung der damaligen Diskothek stattfinden, und dann hat auch Lesvos einen schicken Starclub mit Pool, wie auf Kreta: Den „Oxy-Club“. Weshalb die damalige Diskothek vor so vielen Jahren schließen musste, entzieht sich meiner Kenntnis. Ohne Frage sind die jungen Männer von Lesvos voller Vorfreude auf diese neue Ausgehmöglichkeit und darauf, Ihre Verführungskünste bei den vielen Touristinnen ausspielen zu können. Die Chancen stehen gut bei Cocktailgenuss, Sternenhimmel und nächtlichen Badefreuden, all das begleitet von der Musik eines bekannten Diskjockeys.

 

Eine andere Gruppe von Männern (und Frauen) sieht der Neueröffnung mit weit weniger Freude entgegen: Die „Birdwatcher“, die Lesvos in jedem Frühjahr in großer Zahl besuchen. Gerade rund um den alten neuen Nachtclub ist nämlich z.B. das Brutgebiet der Maskengrasmücke. Auch wenn die Eier in diesem Jahr schon ausgebrütet sein werden, bevor der Radau losgeht, so fürchten sie, dass diese Vogelart sich für die Zukunft einen anderen Platz für die Fortpflanzung suchen wird. Von diesem fantastischen Aussichtspunkt über die Ägäis werden sie diesen Sänger wahrscheinlich nicht mehr beobachten können.

 

Nicht der Rede wert ist die Eröffnung einer niederländischen Snackbar, mit Fleischbällchen und Kroketten im Angebot,  in Molyvos. Seit Jahren wird schon englisches Frühstück zuhauf angeboten. Touristische Attraktionen und ausländisches Unternehmertum sind immer noch klein gesät, und das soll auch in der nahen Zukunft unverändert bleiben, zumal die gesamte Insel gerade erst als geschützter Geo-Park ausgewiesen wurde. So ist es derzeit noch die Natur, die das letzte Wort hat. Bleibt abzuwarten, wie die Grasmücke reagiert, und wer weiß, vielleicht haben sie ja gar Gefallen an der Diskomusik und bleiben da, wo sie sind.

 

©Pip 2014