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BOULEVARD-NEWS LESVOS

 

Eine der „Pyramiden“ bei Nifida

 

6.November 2014 - Signalfeuer

Aus dem Holländischen von Gabriele Podzierski

 

Ein kalter Wind und bleierne graue Wolken, die schon über eine Woche am Himmel kleben, machen es deutlich: Der Winter ist im Anmarsch. Die letzten Touristen haben bibbernd die Insel verlassen, und einige Wetterpropheten nehmen Farbe und Formationen am Firmament zum Anlass, mal wieder – wie jedes Jahr – einen der kältesten Winter, der je über Griechenland eingebrochen ist, anzukündigen.

 

Es war ein hartes Stück Arbeit für die Sonne, sich gegen die Wolkenmassen durchzusetzen,  aber schlussendlich ist es ihr gelungen, denn Himmel und Meer wetteifern, wer das eindringlichste schönste Azurblau präsentieren kann, und das angestrahlte gelb-rote Laub setzt auf dem vorherrschenden satten Inselgrün leuchtende Akzente.

Lässt man jetzt seinen Blick über die mit warmem Sonnenlicht übergossene prachtvolle herbstfarbene Landschaft schweifen, fallen Rauchwolken auf, die hie und da in den Himmel steigen, und zwar da,  wo die Menschen ihre Olivenhaine für die Ernte säubern.

 

Das Telefon, das ja heutzutage bei einigen Menschen die Verlängerung des Armes zu sein scheint, haben die Griechen nicht erfunden, aber sie kommunizierten schon in der Antike auf recht ausgefuchste Art und Weise miteinander. Na, man denke nur, an die Geschichte von dem athenischen Läufer, der die Nachricht vom Sieg über die Perser in der Schlacht von Marathon im Jahre 490 v. Chr. nach Athen gebracht hat, indem er die Strecke in Rekordzeit lief und beim Erreichen des Ziels vor Erschöpfung tot zusammenbrach. Nun ja, immerhin hat man diesem Einsatz mit dem „Marathonlauf“, der ja seit langer Zeit als sportlicher Event bekannt ist, ein Denkmal gesetzt.

 

Etwas weniger bekannt ist das System, das man den Namen „fryctories“ gab und dessen man sich zu Zeiten des Trojanischen Krieges im 12. oder 13 Jahrhundert  v. Chr. bediente: Sowohl Homer, Vergil als auch Aischylos schrieben darüber, dass der griechische Sieg  in nur wenigen Stunden der Bevölkerung im 600 Meilen entfernten Mykene verkündet wurde, und zwar durch Signalfeuer. Ich kann mir vorstellen, dass die Leute auf Lesvos ne Menge darüber zu erzählen hatten, was da in Troya abging, denn der Anfang der Signalfeuer-Linie war direkt gegenüber der Insel, auf der Spitze des Berges Ida (türk.: Kaz dagi),  führte weiter zu den Berggipfeln auf Lemnos, Athos, Makistos (heute Kandili-Gebirge) auf Euböa und dann landeinwärts zu der mythischen Stadt Mykene, die etwas unterhalb von Korinth lag. Unklar ist, ob sie das ausgeklügelte System der „2 Türme mit 5 Fackeln“ nutzten, dass ihnen ermöglichte, das gesamte Alphabet zum Einsatz zu bringen.

 

Fakt ist jedoch, dass Signalfeuer seit Jahrhunderten Anwendung finden. „Fryctories“ waren die Vorläufer der Leuchttürme, die nicht nur gebraucht wurden, um den Schiffen behilflich zu sein, sondern auch, um rechtzeitig vor sich nähernden Feinden zu warnen. Es waren die griechischen Inseln, auf die Piraten ihr Hauptaugenmerk richteten, und so gibt es auf der einst bedrohten Nachbarinsel Chios noch immer 30 der ehemaligen 50 Wachtürme, die teilweise erhalten sind. Auch auf Lesvos müssen sie gestanden haben, und sicherlich sind Überreste davon noch an  manchen Plätzen zu finden.

 

Als ich letzte Woche mit Freunden unterwegs war, schlugen wir bei Nifida einen Weg ein, der zum Ende des Golfs von Kalloni zu führen schien. Zunächst glaubte ich an eine optische Täuschung, als ich eine Art Pyramide auf einer Bergkuppe erblickte, als wir dann aber etwas weiter Richtung Meer ein baugleiches Konstrukt entdeckten, wusste ich, dass ich richtig gesehen hatte: Es waren 6-eckige massive Türme, von denen wir etwas später weitere  2 und auf der anderen Uferseite noch 3 entdeckten. Was sind das wohl für Gebilde? Dienten sie dazu, Signalfeuer zu entfachen? Aber eigentlich erschien uns die platte Oberfläche nicht groß genug, um darauf Brennholz oder ein Reisigbündel zu platzieren, zumal ein Windstoß das Material runtergefegt und die Landschaft in Brand gesetzt hätte.

 

Waren es Teile eines Systems, dass zur Warnung vor Piraten dienten? Auch nicht wirklich logisch, da sie ja für die Außenwelt nicht sichtbar waren. Vielleicht leiteten diese Sechseck-Türme einst die Schiffe unversehrt bis zur Mündung des Golfs von Kalloni, standen doch die meisten von ihnen am Meer, einer etwas höher gegen einen Felsenhügel gedrückt und ein anderer auf der anderen Seite des Golfs, gut sichtbar hoch über dem Wasser, auf einem Berggipfel.

Fischer aus der Gegend räumten ein, dass es sich tatsächlich um ein altes Seezeichensystem handelt, und zwar so uralt, dass man es jetzt mit Massen von Zement ausbessern muss. Egal, welch Bedeutung sie haben und aus welcher Zeit sie sind, ich bin mir sicher, dass diese aus der so kargen steinigen Landschaft hervorragenden  „Pyramiden von Lesvos“  einst ein Kommunikationsmittel waren.

 

Zurück ins Heute, wo es in diesem Sommer einige Verärgerungen über die Lichtzeichen gab, die der Nachtclub „OXY“ in Form von Laserstrahlen in den Himmel sandte. Auch ich frage mich, wofür diese Lichtbündel gut sein sollen: Wegweisend für die Discogänger? Vielleicht sollte man darüber nachdenken, statt dieser Himmelsstörer einige „Lesvos-Pyramiden“ entlang der Straßen zu bauen, was sicherlich weniger Ärger einbringen würde und dazu eine schöne Hommage an die Geschichte der Insel wäre…

 

Tja, und die Rauchzeichen, die jetzt aus der Ferne zu sehen sind, kann man, obwohl es keine Signalfeuer sind,  ganz einfach mit „Hier ist Arbeit angesagt“ übersetzen, oder der eine oder andere Landwirt will seiner Frau ein Zeichen ins Haus schicken, dass er bald Daheim seinen Hunger gestillt haben möchte. Wäre schon ne geniale Idee, da so ein modernes Kommunikationsmittel, wie ein Handy, auf Lesvos nicht immer und überall Empfang hat, da muss man schon  erfinderisch sein, so wie die Griechen in der Antike.