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BOULEVARD-NEWS LESVOS

 

 

 

29.Juli 2014 - Griechische Bloopers

Aus dem Holländischen von Gabriele Podzierski 

 

Ich weiß aus Erfahrung, wie viel Freude es machen kann und wie einfach der Alltag ist, wenn man die lokale Sprache beherrscht und versteht. Tja, und so hatte ich mir auch wirklich fest vorgenommen, sie so bald als möglich zu erlernen. Welchen Nutzen dies hat, zeigte mir auch folgende Begebenheit:

 

Gerade auf Lesvos angekommen, ergab es sich, dass ein Grieche auf mich zustürmte und mich ziemlich aufgeregt mit einem Schwall von Worten überschüttete, von denen ich nicht ein einziges verstand. Auch wenn er seine Sätze mindestens dreimal wiederholte, hatte ich nicht die geringste Ahnung, was er von mir wollte, schlussfolgerte aber aus seinem Verhalten, dass er Hilfe brauchte. Aber welche? Der englischen Sprache war er nicht mächtig, und da seine Worte unverstanden blieben, versuchte er nun sein Anliegen mit Händen und Füßen anzubringen: Er führte mich zu seinem Motorroller, zeigte immer wieder auf ihn und vertonte diese Geste wieder und wieder mit einem „Bloop“. Ich wiederholte dieses „Bloop“ mit einem akustischen Fragezeichen und seine Antwort war „Ne, Bloop!!!!“. Mein Schulterzucken ließ ihn die Augen verdrehen, und genervt von meiner Begriffsstutzigkeit zog er mich am Arm näher an sich heran, um erneut zu versuchen, sich mir verständlich zu machen. Seine Hand wies auf den Motorroller, dann auf den Boden, er stieß ein weiteres „Bloop“ aus und machte alsdann eine wegwerfende Bewegung mit seinem Arm. Aaacchhhh! Endlich fiel der Groschen bei mir: Sein Zündschlüssel war heruntergefallen, und wie immer, wenn einem das passiert, befand sich auch gerade da ein Gulli-Gitter, durch das dieser purzeln konnte. Jetzt war seine Frage an mich, ob ich irgendwelche Hilfsmittel hätte, um den Schlüssel da wieder herauszubekommen, wie z.B. ein Seil oder gar einen Magneten. Nein, an diesem Tag hatte ich nichts von dem bei mir.

 

Nach diesem Vorfall stürzte ich mich aufs Griechischlernen und fing mit dem Alphabet an, was mich aber nicht wirklich weiterbrachte, denn endlich ein geschriebenes Wort entziffern zu können, heißt ja noch lange nicht, zu wissen, was es bedeutet… Naja, um es kurz zu machen: Nun, einige Monate später, habe ich nicht mehr von der griechischen Sprache in meinen Wortschatz aufgenommen als die üblichen 10 – 20 allgemein üblichen Phrasen. Möchte jemand ein Gespräch mit mir führen, verstehe ich nicht viel, ja, es ist sogar so, dass ich  immer noch beim griechischen Wort für das Nein, das „ne“ ausgesprochen wird, ins Schwanken komme, da es mich mehr an die in Europa verneinenden Worte, wie non, nee und no denken lässt, als an ein Ja, was das griechische „nai“ nun mal übersetzt heißt. Die Griechen hier haben Erfahrung  mit diesem Problem, sehen es mit Humor und lachen jedes dadurch entstehende Missverständnis einfach herzlich weg. Sie sind in keiner Weise böse auf mich, weil ich ihre Sprache nicht spreche. Die meisten von ihnen können ja englisch, und wenn da die Worte fehlen, dann gibt’s ja immer noch Hände, Füße und den Kopf.

 

Die Griechen beherrschen es meisterlich, sich mit ganzem Körpereinsatz auszudrücken. Sie bewegen sich manchmal dermaßen heftig beim Reden, dass es den Eindruck erweckt, sie würden sich in einem Kampf befinden. Oh man, wie lange habe ich gebraucht, um zu kapieren, dass sie nur diskutieren, genau so lange, wie ich brauchte, um zu verstehen, dass das Senken des Kopfes „Ja“ bedeutet, aber wenn sie ihn nach hinten bewegen, dies ein „Nein“ ist, obwohl man es leicht mit einem zustimmenden Nicken verwechseln könnte.

Auch die gebräuchliche Handbewegung für „Komm her“ (ela) sieht für mich aus, wie „mach Dich weg“, und legen die Einheimischen die Finger an die Lippen, heißt es keinesfalls, dass man schweigen soll, sondern dass sie etwas mitteilen möchten. Alles sehr verwirrend, nicht wahr?

 

Die Körpersprache gehört zur jeweiligen Kultur und ist tief in uns verankert. So ist es zwar möglich, technische Gesten, die z.B. ein Polizist zur Regelung des Verkehrs nutzt, zu erlernen, aber geht es darum, damit Gefühle oder Gedanken auszudrücken und zu unterstreichen, dann spielen die Gene mit. Hier wird es schwer, sich einen anderen Körperausdruck anzueignen, oder gar seine Gebärden abzulegen, denn sie gehören doch schon immer zu uns, wie z.B. meine Angewohnheit,  Zustimmung zu zeigen, indem ich meinen Daumen hoch strecke. Eine Geste, die ich mir eigentlich verkneifen sollte, denn hier bedeutet sie das schlimme „f… Dich“. Tja, und obwohl mir das bewusst ist und ich keinen Griechen angreifen möchte, schnellt mein Daumen doch immer wieder in die Höhe. Auch mein Zeigefinger scheint ein Eigenleben zu führen, wenn ich auf etwas oder jemanden hinweisen möchte, denn ich weiß doch inzwischen, dass ich damit einen Griechen ziemlich beleidigen kann.

 

Ich bin sehr erleichtert und froh, dass die Menschen hier mich trotz meiner ungehobelten  Gesten nach wie vor freundlich und höflich behandeln. Am meisten bezaubert mich die subtile Bewegung des Kopfes, mit der mich die männlichen Inselbewohner beim Vorbeifahren aus ihrem Auto heraus oder von ihrem Zweirad grüßen. Dieses charmante Nicken, bei dem sie den Kopf leicht nach hinten bewegen und leicht zur Seite neigen. Für mich eine sehr sinnliche Geste, die ein jedes Mal mein Herz zum Schmelzen bringt. Begeistert erwidere ich diese Begrüßung,  und wie automatisch geht ein jedes Mal meine Hand hoch, winkt, und meine Finger strecken sich zum Gruß. Oh, nein, wie dumm! Sehr dumm, denn das ist für die Griechen das Zeichen für „moutza!“, was man frei mit A….loch übersetzen kann.

 

Also, ich befürchte echt, dass, wenn ich nicht endlich diese Gebärden-Bloopers ablege und die griechische Sprache erlerne, mir die Griechen demnächst eine Lektion erteilen werden, die so gar nicht nett sein wird…

 

©Pip