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BOULEVARD-NEWS LESVOS

 

Foto: Internet

 

24.Oktober 2015 – Museum für Flüchtlingsmüll

Aus dem Holländischen von Gabriele Podzierski 

 

Menschen, die aus Kriegsgebieten fliehen, kommen nicht, um finanziell versorgt oder unterstützt zu werden, sie kommen, um sich durch Arbeit eine neue Existenz aufzubauen, in der sie eine Wohnung, Lebensmittel, Kleidung finanzieren und ab und an auch mal ausgehen können. Sie wollen einfach ein ganz normales und  menschenwürdiges Leben führen. Meiner Meinung nach, sollten all die europäischen Länder, in denen der Protest gegen die Zuwanderer mehr und mehr zunimmt, deren Einreise begrüßen und als Chance für die Erneuerung und das Wachstum der eigenen Wirtschaft sehen.

 

Auch auf Lesvos gibt es eine murrende Gruppe. Diese Leute bedenken nicht, dass das ganze Flüchtlingsdrama die Insel auf der ganzen Welt bekannt gemacht hat, und zwar von Timbuktu bis ins Outback Australiens. Nicht das weltbeste Promotion Team hätte erreicht, dass ein jeder auf dem Globus nun weiß, wo unser paradiesisches Eiland liegt.

 

Sowohl die Flüchtlinge, als auch hunderte von Helfern und Medienleute haben die, durch die Krise nahezu in Lethargie versunkenen mittelständischen Unternehmen aufgerüttelt und die Wirtschaft neu belebt: Die Sommersaison ist verlängert, und Lesvos wird den ersten geschäftstüchtigen Winter mit hunderten von Besuchern erleben.

 

Flüchtlinge bringen nicht nur freiwillige Helfer, Hilfsorganisationen, Fotografen, Vertreter der Medien etc. auf die Insel sondern auch meterhohe Müllberge, wovon der überwiegende Teil Plastik ist. Einmal gesammelt, wird die Gemeinde die Haufen wahrscheinlich verbrennen, und somit zwar die Mäuler der Fische davor bewahren, aber wie viele gesundheitsschädigende Rauchwolken werden dann über Lesvos aufsteigen?

 

Wir leben in einer Zeit, in der sich die Technik dermaßen rasend schnell entwickelt, dass ich davon überzeugt bin, dass eines Tages ein besonders kluges Köpfchen etwas erfinden wird, was den Flüchtlingsmüll nicht nur entsorgt sondern ihn zu etwas ganz Großartigem wieder aufbereitet, etwas, was die Insel zu Wohlstand bringen wird, so wie es jetzt die Schleuserbanden getan haben. Aber noch hat sich kein Genie, wie der junge Boyan Slat gemeldet (googeln Sie ihn mal!), der eine Idee hatte, die Ozeane vom Plastikmüll zu befreien, so dass wir derzeit noch irgendwie anders damit klarkommen müssen.

 

Erreichen Schlauchboote das Ufer, werden sie sofort zerstochen. Das Holz der Böden wird von den Einheimischen gerne genommen, um sie zum Bau von Schuppen oder sonst für irgendwelche Holzarbeiten zu verwerten. Die Gummiteile eignen sich für wasserfeste Bedachungen von Unterständen oder um gestapeltes Holz abzudecken. Werden die Motoren nicht rechtzeitig von der Gemeinde verstaut, stürzt sich so manch ein Aasgeier auf sie, um das Diebesgut illegal zu veräußern.

 

Schwarze Gummirohre, die neben den Schwimmwesten die gefährliche Überfahrt sicherer machen sollten, sind weniger beliebt, obwohl sie eigentlich vielfach Verwendung finden könnten: So eignen sie sich z.B. um daraus wasserfeste Bodenmatten zu flechten oder zu knoten,  in Stücke geschnitten, kann man aus ihnen Handtaschen oder Schmuckstücke fertigen. Eine ausgefallene Idee der Wiederverwendung hatte der Koreanische Künstler

Yong Ho Ji, der daraus lebensgroße Monster fertigt.

 

Bei den Schwimmwesten ist das Recycling etwas komplizierter. Die Plastikblöcke, die normalerweise darin sind (es sind auch billige Exemplare im Umlauf, die mit anderen Materialien, wie Gras, gefüllt sind), könnte man als Bausteine nutzen. Jeder hat doch einst mit Legosteinen gespielt, was sich hiermit ähnlich gestaltet. In Peking kam man auf die Idee, damit ein Teehaus zu bauen, wäre doch ne tolle Möglichkeit, darin die Flüchtlinge auf eine würdige Art zu empfangen. Diejenigen, die das Bauen mit Legosteinen verlernt haben, könnten ja erst einmal mit einer einfachen Behausung fürs Federvieh, Hund oder Katze beginnen.

 

Die Flüchtlinge, die hier auf der Insel ankommen, haben wohlweislich eine Menge andere Dinge zu tun, als ihre Kreativität an diesen Bausteinen auszuleben (glauben Sie, dass diese Menschen mit Legosteinen aufgewachsen sind?). Sie könnten  mit dem Sammeln von Plastikflaschen ihr Geld für die Rettungswesten sparen. Für solch eine schwimmende Weste ist gar nicht so viel Aufwand nötig: Man hüllt sich in einen Plastiksack, befestigt 3-4 Plastikflaschen am Brustkorb und die gleiche Menge auf dem Rücken, dann schnürt man den Sack am Bauch mit einer Kordel zu. Mit einem Fischernetz kann man die Plastikflaschen noch besser fixieren. Ehrlich, wenn ich mir die an den Stränden zuhauf verstreuten Schwimmwesten ansehe, halte ich diese handgemachte Art des Schutzes für wesentlich sicherer…

 

Da gibt’s wirkliche einige Flüchtlingshunde und  sogar eine Katze, die diesen gefährlichen Weg über die Ägäis wagten. Eine Hundeschwimmweste ist schnell hergestellt, indem man einfach Flaschen auf den Hunderücken bindet. Tja, und klicken Sie mal hier (das 2. Foto), wie es für die Katze funktioniert.

 

Tja, eigentlich sind Plastikflaschen der wertvollste Abfall, den man bekommen kann. Nicht nur Flüchtlinge sorgen damit für meterhohe Abfallberge, auch durstige Touristen und Inselbewohner sorgen für Müllalpen. Die Flüchtlinge sollten sich nicht weiter auf unsicheren Schlauchbooten von korrupten Menschenschmugglern für teures Geld einkaufen, sondern sich ihre Boote aus hunderten, wenn nicht gar tausenden von Plastikflaschen selber bauen. Ich denke mal, in der Türkei gibt’s ebenso Unmengen von ihnen, und wenn Sie sich die gebastelten Boote mal anschauen, erwecken sie doch mehr Vertrauen, als die nahezu seeuntüchtigen Gummidinger, die hier landen. Klar, können Sie jetzt einwerfen, dass dann noch mehr Plastikmüll auf der Insel ist, aber damit würden sich dann wahrscheinlich auch noch mehr Perspektiven auftun.

 

Füllt man z.B. leere Plastikflaschen mit kleinerem Plastikabfall, hat man Öko-Backsteine, einen Plastik absorbierenden Baustein. Eine großartige Idee für die Insel, um gegen die Wirtschaftskrise zu kämpfen, indem man diese herstellt und verarbeitet. Ich denke mal, dass sich inzwischen so viele leere Trinkflaschen auf der Insel angesammelt haben, dass man davon ein zweites Mekka bauen könnte.

 

Ich persönlich würde mich riesig freuen, wenn sich ein Unternehmer finden lässt, der aus den hunderttausenden von Flaschen und dem inzwischen vorhandenen Abfallholz in einem der beiden Binnenseen von Lesvos ein schwimmendes Inselreich errichtet, das alsbald neue wirtschaftliche Möglichkeiten auftun wird, wie z.B. die Eröffnung eines Museums für Flüchtlingsabfall, indem man mit aus Müll hergestellten Kunstwerken von Riesenfischen oder denen des Künstlers Yong Ho Ji die Menschen zum Staunen bringt.

Man, das könnte doch eine andere Art Touristen anziehen und gleichzeitig ein Denkmal für die vielen hunderttausend Flüchtlinge sein, die das sogenannte sichere Europa via Lesvos erreicht haben.