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BOULEVARD-NEWS LESVOS

 

Pferde auf einem Fest bei Molyvos

 

22.August 2015 - Vorzeigeobjekte 

Aus dem Holländischen von Gabriele Podzierski

 

Was hat Lesvos mit Pferden zu tun? Nun, man sieht sie schon auf den Feldern, obwohl kaum auf ihnen geritten wird. Die seltenen Gelegenheiten, zu denen sie aus dem Stall oder vom Feld geholt werden, sind die kleinen lokalen Feste, „panayeri“ genannt.

 

In der Antike brachte man in Griechenland Rösser hauptsächlich mit den Gottheiten in Verbindung. Diese Herrscher von Himmel und Erde, wie Poseidon z.B., spannten sie vor ihre Wagen und belohnten hie und da die Sterblichen mit ihnen. Reitpferde waren zu jener Zeit also nur Göttern, Königskindern und berühmten Kriegern vorbehalten.

 

Man sagt, dass es die Griechen waren, die zuerst die Pferde in Kriegen einsetzten. Nachdem die Krieger zunächst ihre Streitwagen von Pferden in die Arenen ziehen ließen, erkannten sie alsbald hinsichtlich der Schnelligkeit hoch zu Ross ihren Vorteil gegenüber dem Fußvolk.  

 

Die griechische Mythologie erzählt, dass der große Held Achilles mit seinen Pferden Xanthos und Balios in die Schlacht zog, welche nicht nur unsterblich sondern auch der menschlichen Sprache mächtig waren. Dann war da noch das legendäre Leibpferd von Alexander dem Großen mit Namen Bukephalos. Dieses Streitross soll um die 30 Jahre alt geworden sein, nur Alexander konnte es reiten, der auf dem Schlachtfeld, wo Bukephalos starb, eine Stadt errichtete und nach ihm benannte.

 

Ein Pferd war also einmal in Griechenland ein Zeichen von Macht und Reichtum. Kann ich gut nachvollziehen, denn Anschaffung und Unterhalt kosten eine Menge Geld. Tja, und was stellt man heutzutage dann mit seinem Pferdchen an? Die Pferdebesitzer, die ich kenne, haben  gleich mehrere Pferde. Aber wenn Sie jetzt denken, wie gut betucht diese Menschen sein müssen, liegen Sie verkehrt. Im Gegenteil: Meist müssen sie um ihren Lebensunterhalt kämpfen. Fragt man sie jedoch, warum sie sich denn in ihrer Situation Pferde halten, dann antworten sie, dass sie fasziniert von diesen Tieren und völlig verrückt nach ihnen seien. Verwundert muss ich jedoch feststellen, dass sich diese Leidenschaft nur insoweit äußert, dass man sie mit ihren Rössern nur auf diesen ein- oder zweimal im Jahr stattfindenden örtlichen kleinen Festivals zeigen.

 

Mano, diese armen Tiere, wahre Vorzeigeobjekte, die das ganze Jahr über ein ziemlich unbeachtetes tristes Leben führen und dann, einige Tage bevor die Party steigt, einen Crash-Kurs in Sachen Konditionsaufbau bekommen, um auf dem Fest gestriegelt und wunderschön geschmückt einer klatschenden und johlenden Menge vorgeführt zu werden.

 

Die meisten dieser „panayeris“ finden in den Sommermonaten statt. Nahezu ein jedes Dorf auf Lesvos richtet ein solches Fest aus, so dass an jedem Wochenende der Saison irgendwo gefeiert wird. Am bekanntesten ist das Stier-Festival in Agia-Paraskevi, an dem, zum Leidwesen aller Tierschützer, ein Stier geopfert wird und, das wird hinter vorgehaltener Hand gesagt, man den teilnehmenden Pferden Ouzo verabreicht, damit sie so richtig in Partylaune kommen…

 

Auch Molyvos hat einen aufgebretzelten Stier bei seinem jährlichen Festumzug dabei, aber dieser kehrt glücklicherweise am Ende wieder unbeschadet heim. Trotzdem: Mindestens ein Tier muss anlässlich der Feierlichkeiten auch hier dennoch sein Leben lassen, denn, wie in Agia Paraskevi, ist es brauch, in der Nacht einen riesigen Kessel übers offene Feuer zu hängen, in dem ein Süppchen (nein, es ist mehr ein Brei) aus Fleisch, Weizen und Kräutern gekocht und an die Feiernden verteilt wird. Dieses sog. „kiskeki“ habe ich auch schon einmal probiert, eine klebrige Masse, an der ich schwer zu schlucken hatte, wie auch an einer anderen traditionellen griechischen Speise, der „majeritsa“, einer fettigen Brühe mit Innereien, die in der Osternacht verzehrt wird.

 

Ziegen liefern Milch und Fleisch, Schafe werden auch gegessen (das mit der Wolle ist vorbei, denn die kann man jetzt billiger aus noch ärmeren Ländern beziehen), Hühner legen Eier, bis sie selbst auf dem Teller landen und Pferde? In Griechenland ist der Genuss von Pferde- und  Eselsfleisch tabu. Mir kann doch keiner weismachen, dass er sich wie ein Königskind oder Held fühlt, weil er einen Gaul im Stall oder auf der Weide - nahezu sich selbst überlassen -herumstehen hat, zumal, wenn dieser ihm sprichwörtlich die Haare vom Kopf frisst. Tja, und so ist es Fakt, dass schon der ein oder andere inzwischen seine Pferde in die Natur entlassen hat. Im hohen Grasland, in den Hügeln oberhalb von Mandamados, kann man  eine Wildpferdeherde sehen, die dort ein Leben in Freiheit führt, ein regelrechtes Pferdeparadies…

 

Auf Lesvos gibt es inzwischen mehrere Tierschutz-Organisationen, die sich dafür einsetzen, dass Katzen und Hunde ein gutes Inselleben führen können, was insbesondere den Kettenhunden zugute kommt, die ja von den Bauern unter ziemlich grausigen Umständen nur gehalten werden, um Füchse von den Schafen fernzuhalten. Ich frage mich, warum es noch keinen Verein gibt, der sich für das Wohlergehen der Pferde einsetzt, welche die ihnen zustehende Aufmerksamkeit nur bekommen, wenn mal wieder ein Festival ansteht, und ansonsten den Rest des Jahres mit zusammengebundenen Beinen irgendwo geparkt werden. Haben nicht auch Pferde das Recht auf ein würdevolles Leben?