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BOULEVARD-NEWS LESVOS

 

Der Hafen von Sigri

 

25.Februar 2015 - Dans le port de Sigri

Aus dem Holländischen von Gabriele Podzierski 

 

Wer liebt es nicht, entspannt in einem idyllischen kleinen Hafen zu sitzen, sich an den farbenfrohen schaukelnden Fischerbooten zu erfreuen und dem lebhaften Treiben zuzuschauen. Auf einer Insel wie Lesvos ist das Angebot an solch pittoresken Schauplätzen  groß.

 

Früher lagen die Häfen außerhalb der Siedlungen und anzutreffen waren dort,  außer den Fischern und einige ihrer Kinder, nur unzählige hungrige Katzen. Die Fischer waren arm, und die Häfen sahen längst nicht so malerisch aus, sondern dem Betrachter bot sich ein heilloses Durcheinander von Müll, Fischabfällen, Schlamm, Fanggeräten, Werkzeugen und alten verbeulten Eimern, auf denen die Männer saßen, wenn sie die Netze flickten. Hier und da gab es schon auch eine winzige Ouzeria (Kneipe), um die trockenen Fischerkehlen zu schmieren, aber das war es dann auch schon. Arg schwierig für die Familien, die so direkt am Meer lebten, war es, ihre Töchter unter die Haube zu kriegen, denn man schaute aufgrund ihrer ärmlichen Verhältnisse auf sie herab…

 

Tja, und heute ist genau das Gegenteil  der Fall:  Ein Haus am Meer ist purer Luxus, und je näher es am Strand liegt, umso kostspieliger ist es und umso größer das Ansehen. Die Häfen sind inzwischen zu Publikumsmagneten geworden, je populärer, desto mehr Tavernen und Kafenia reihen sich aneinander. Die Zeiten, in denen Fischer mit sich alleingelassen ihre Netze reparierten, sind lange vorbei.

 

Dem kleinen Fischerhafen von Skala Sikaminias wird nachgesagt, der malerischste hier auf Lesvos zu sein. Bunte Fischerboote laufen unentwegt ein und aus, genauestens von gierigen Katzenscharen beobachtet, die den Kai bevölkern, der vollgestopft ist mit Tischen und Stühlen der Tavernen, die Fisch anbieten können, der bildlich direkt aus dem  Meer auf die Teller springt.

 

Der Hafen von Molyvos bietet noch mehr Platz für Tavernen, Cafés, Lädchen und Boote, die variieren zwischen kleinen Kähnen, Ruderbooten, Fischkuttern, den Schnellbooten der Hafenpolizei, Ausflugsschiffen und einigen Yachten. So mondän ist Molyvos jedoch nicht, dass es die Luxusyachten der Superreichen aus allen Ländern der Erde anzieht.

 

Schauen wir uns den Hafen der Hauptstadt Mytilini an, so finden wir dort an der recht weitläufigen Hafenanlage unzählige Schiffe jeglicher Art, Fähren, die zur Türkei übersetzen und die Insel mit dem restlichen Griechenland verbinden, sowie neben Bistros und Restaurants auch die für ein Hafenmilieu so bekannten frivolen Cafés.

 

Die zweite „Stadt“ der Insel, Plomari, kann ebenfalls mit einem ziemlich stattlichen Hafen aufwarten, der jedoch überwiegend mit Fischerbooten gefüllt ist. Ähnlich wie in Skala Kalloni laden auch hier im Süden der Insel  eine Anzahl von Tavernen, Kneipen, Cafés entlang der Kaimauern  zum Verweilen ein.  

 

Einen Hafen, der mindestens so schön, wenn nicht sogar attraktiver  ist, als der von Skala Sikaminia, liegt in Skala Polichnitos. Hier ist das Zentrum des Schalentieren-Handels, und so kommt es ab und an zu einem faszinierenden Schauspiel, nämlich dann, wenn ein riesiges Containerschiff dort anlegt, das in seiner Größe beinah die des gesamten Dorfes übertrifft.  

 

Solche Frachtschiffe laufen auch im Hafen von Pétra ein, der keine Besucherterrasse hat, frei ist von jeglichem Ladengeschäft, Restaurant oder Cafe. Die Ladeflächen der Schiffe

werden vollgeladen mit Salz aus Kalloni, das von dort aus mit LKWs angekarrt wurde. Ich habe mich schon immer gefragt, weshalb der Transport nicht nach Skala Polichnitos erfolgt, anstatt über die kurvenreiche Strecke von Kalloni nach Pétra. Ich begreife schon, dass die Bucht von Kalloni an ihrem Ende so flach ist, dass es für Frachtschiffe Probleme geben würde, aber sicherlich könnte man eine Flotte kleiner Boote organisieren, die das Salz nach Skala Polichnitos liefern, denn diese unzähligen Laster auf den Straßen sind mehr als nur ein Ärgernis.

 

Der Hafen des zauberhaften Dorfes Gavathas hat einen Kai, der nahezu so groß ist wie das Dörfchen selbst. Nun, man sollte annehmen, dass dieses attraktive Städtchen diesen Platz in der Saison  nutzt, um die Touristen mit Dutzenden von Tavernen, Cafés, etc. mit Außenterrassen anzulocken. Tja, weit gefehlt: Der Platz bleibt im Sommer so leer wie im Winter. Einzig eine kleine, alte, traditionelle Ouzeria, irgendwo an der Hauptstraße versteckt, und die Taverne am Strand versorgen die  hiesigen Fischer seit Jahren mit Ouzo und Mezedes.

 

Kommen wir zum Schluss nun  zum westlichsten Punkt der Insel, nach Sigri. Auch hier hat der Hafen einen riesiggroßen Kai und eine betonierte Fläche, an der man ohne Probleme ein Schiff mit Ausmaßen der „Titanic“ empfangen könnte. Gerüchte machen die Runde, dass es sich hier um eine geheime U-Boot-Basis handeln soll, na, dann aber eine für unbemannte Unterwasserkähne, denn ich hab hier noch nie einen einzigen Seemann angetroffen. Andererseits, wäre die Basis ja dann auch nicht mehr geheim, vielleicht gibt’s ja einen geheimen Zugangstunnel von Mytilini aus für Techniker und Besatzung.

 

In dem entzückenden Sigri, kann man sich schon fühlen, als sei man am Ende der Welt. Meist gibt’s eine Menge Wind, Touristen und Einwohner sind knapp, und die umliegenden fast menschenleeren Strände mit ihren Kafenia, bieten reichlich Gelegenheit, entspannte Tage zu verbringen. Welch ein Paradies… tja, aber es ist bedroht, denn es soll Baupläne für einen großen Handelshafen geben, die vielleicht sogar schon älter sind, und wieder aus den Schubladen gekramt wurden, was eine Erklärung für die jetzigen Hafenausmaße wäre. Tja, aber für einen solchen Umschlagshafen sind auch entsprechend ausgebaute Straßen von Nöten, und so hat man vor 2 Jahren mit viel Tamtam begonnen, die Strecke Kalloni-Sigri zu restaurieren, an- und auszubauen. Wenn ich richtig informiert bin, hat der Straßenbauer EGNATIA S.A. den Auftrag bekommen. Dieses Unternehmen hat auch die Egnatia-Autobahn geschaffen, ein Schnellweg, der quer durch das griechische Festland verläuft, und zwar auf den Wegen der antiken Via Egnatia, die vor allem in der römischen und byzantinischer Zeit als Hauptverbindung zwischen Adria und Schwarzem Meer galt. 670 km lang ist diese Straße und verbindet 332 Städte und Dörfer unter Zuhilfenahme von Brücken, Tunneln und komplizierten Kreuzungen. Man sollte meinen, dass das Unternehmen mit diesem Straßenbau genug Erfahrungen sammeln konnte, aber der widerspenstige Lesvos-Westen hatte es in die Knie gezwungen: Die Arbeiten wurden eingestellt. Tja, und nun hat das Gerangel um die Realisierung des Hafens in Sigri begonnen und damit auch wieder das, um eine breitere Straße von Sigri nach Kalloni. Eine Lösung ist noch nicht in Sicht, zumal es ja auch eine neue Regierung mit neuen Ministern gibt, die mit ihrer Unterschrift die Weiterführung des Projekts genehmigen müssen.

 

Meine Vermutung war ja, dass die Straßenbauplaner mir den Menschen zusammenstecken, die den größenwahnsinnigen Windmühlenpark planten, aber ich habe mich geirrt: Die Straße soll einem Hafen am Ende der Welt dienen. Für wen oder was soll das nur nützlich sein? Für den ausgestorbenen Westen? Für einen Warentransport nach Mytilini, die Hauptstadt, die aber doch einen Hafen hat? Oder ist Kalloni so groß geworden, dass dieses Vorhaben sinnvoll ist?

Immerhin, das Naturgeschichtliche Museum des versteinerten Waldes in Sigri, reibt sich die Hände, denn durch die Arbeiten, die bislang getan wurden, war es möglich, die bestehende Sammlung an versteinerten Bäumen deutlich zu vergrößern. 

 

Aber gut, noch können die Menschen, die von der Ruhe in Sigri  nicht genug bekommen können, unbesorgt sein, und auch die Taverne am Hafen wird zunächst noch ein Geheimtipp für Liebhaber von gutem Essen, inmitten der Atmosphäre einer schönen verschlafenen Stadt an einem riesigen leeren Kai, bleiben