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BOULEVARD-NEWS LESVOS

 

Die Kapelle "Pagania-Krifti-am-Meer"

 

13.August 2015 - Viel zu viele Marias in Griechenland

Aus dem Holländischen von Gabriele Podzierski 

 

Es ist noch nicht allzu lange her, dass unser zauberhaftes Lesvos eine rote Insel war: Kommunistisch, darauf zurückzuführen, dass der Großteil der Bevölkerung (überwiegend Bauern) arm war. Heutzutage kann man hier nicht mehr von überwiegender Armut sprechen, und die Wahlen zeigen, dass der revolutionäre Geist sich etwas abgekühlt hat.

 

Der Kommunismus richtet sich gegen Kirche und Religion. Es war Karl Marx, der die Religion als Opium für das Volk bezeichnete. Wenn man unter diesem Gesichtspunkt nun bedenkt, wie viele unzählige Kapellen und Kirchen es auf Lesvos gibt, ist das doch mehr als erstaunlich, oder?

 

Die Griechen sind tief verwurzelt in ihrem orthodoxen Glauben, begehen feierlich die Namenstage aller Heiligen und haben nahezu jedem von ihnen zu Ehren ein Kapellchen oder Kirchlein geweiht, was zum Ergebnis hat, dass fast täglich irgendwo eine Party stattfindet. Das bedeutendste und größte Fest nach Ostern ist hier im Lande am 15. August: Maria Himmelfahrt (gr. „Entschlafung der Gottesmutter). In Touristenzentren ist dieser Tag der geschäftigste im Sommer. Ein jeder Grieche, der in der Stadt lebt und Familie auf einer Insel oder am Meer hat, packt seine sieben Sachen, um Zuflucht in diesen kühleren Bereichen zu finden. Das Ergebnis? Die sonst so ruhig daliegenden Dörfchen sind alsdann gefüllt mit Großfamilien, die Häuslein in denen sonst nur Oma und Opa leben, sind nun vollgestopft mit  mehreren Generationen von Griechen, für die es normal ist laut zu reden, zu schreien und zu feiern.

 

Der Kirchgang am Festtag der Maria ist Pflicht. Ein jeder holt seinen Sonntagsstaat heraus, wozu die Damen nur zu gerne ihre Stöckelschuhe präsentieren. Für einige Gläubige ist der Kirchenbesuch Anlass, Buße zu zeigen, um Vergebung, Gnade oder Hilfe zu bitten. Um dies zu untermauern, legen die Reumütigen und Bittstellenden schon mal weite Wege zu Fuß und  die letzten Meter hin zum Gotteshaus auf Knien zurück. Ich gehe davon aus, dass sich die High-Heel-Trägerinnen unter ihnen in dieser Situation von ihrem Schuhwerk befreien…

 

Auch Griechenland hat sein Lourdes. Es liegt auf der Insel Tinos, wo sich die Pilger auf den Knien, kriechend oder sogar bäuchlings hin zur Wallfahrtskirche „ Panagia Evangelistria“ schleppen, die um eine Marienikone errichtet wurde. Gemalt haben soll dieses Kunstwerk der Apostel Lukas. Der Legende nach ist im Jahre 1822 die Mutter Gottes einer Nonne im Traum erschienen und hat den Auftrag erteilt, nach dem Bildnis zu graben. Tja, und tatsächlich fand man an der besagten Stelle ein Jahr später das wunderschöne Porträt der Heiligen Jungfrau  und fing unmittelbar danach mit dem Bau der Marienkirche an, die heute Magnet für Tausende von Pilgern ist.

 

Religiöse Touristen finden auch den Weg nach Lesvos. Die Marienkirchen in Agiasos und Pétra stehen ganz oben auf der nationalen Muttergottes-Liste. Ich habe ja schon immer Probleme mit dem Auseinanderhalten der Inselbewohner, haben sie doch alle dieselben Namen, wie z.B. Yorgos, Yannis, Despina, Nicos, Stratis, etc., aber bei den unzähligen Marienkirchen fand man für dieses Problem eine Lösung: In Pétra gab man ihr den Beinamen der „süß küssenden Gottesmutter“ (Panagia Glikoflioussa), in Agiasos nennt man sie „Maria mit dem heiligen Kinde“(Panagia Vrefokratoussa) und in Skala Sikamina ist es die „Meerjungfrauen-Maria“ (Panagia Gorgonas).

 

An der Südküste, nicht weit von Melinda entfernt, gibt es eine kleine Kirche, die der „versteckten Maria“ geweiht ist, die Panagia Krifti. Zur Zeit der osmanischen Herrschaft wurde eine junge Frau mit ihrem Kind von Türken verfolgt. Sie hetzten sie bis hinunter ans Meer, bis die Arme zwischen den Klippen keinen Ausweg mehr sah und verzweifelt zu Gott betete, der so gnädig war, ihr den Weg zu einer Höhle zu weisen, in der sie sich verstecken konnte. Später wurde die Grotte Maria gewidmet und natürlich, ohne Frage, errichtete man ihr zu Ehren an dieser Stelle eine kleine Kirche. Man erzählt sich, dass dann, als 1922 die vielen Flüchtlinge aus Kleinasien kamen, sich viele von ihnen dort versteckten und Maria ihre Schutzpatronin wurde.

 

Im Zweiten Weltkrieg waren es die Widerstandsgruppen, die Zuflucht in der „Panagia Krifti“ suchten. Aber ich habe da so meine Zweifel, dass es die „Panagia Krifti-am-Meer“ war, denn hoch in den Bergen, in den ausgedehnten Kiefernwäldern gibt es ein weiteres Kirchlein mit diesem Namen, versteckt in einer Höhle. Dieser Ort war meines Erachtens besser geeignet für die Widerstandshelden, da er wirklich nur sehr schwer zugänglich ist. Die „Panagia Krifti-am-Meer“ ist doch nur zu leicht über den Seeweg zu erreichen aber die „Kirche-der-versteckten-Maria-im-Wald“ kann man nur mit ortskundiger Führung finden.

 

Versteckt oder nicht, Menschen oder Heilige, übermorgen ist der Tag, an dem alle Marias (und es gibt so viele davon!)  mal wieder richtig verwöhnt werden. Darum feiern alle Griechen, inklusive Kommunisten, den 15. August…