Molyvos (Mithimna)

Lesvos

Home

Home
News-2017
News-2016
News-2015
News-2014
News-2013
News-2012
News-2011
News-2010
News-2009
News-2008
News-2007
News-2006
News-2005

 

 

13.Dezember 2005
8.Dezember 2005
28.November 2005
21.November 2005
14.November 2005
7.November 2005

 

 

 

BOULEVARD NEWS AUS LESVOS

 

Das Paradosiako an der Loutropoli Thermi.

21.November – Das Wohnzimmer des Bürgermeisters

Aus dem Englischen von Gabriele Podzierski

Wie auch im restlichen Europa, hat der Winter in Griechenland Einzug gehalten. Im Norden des Landes liegen einige Meter Schnee, und das Thermometer sank weit unter Null Grad. Auf Lesvos trägt der Berg Lepétymnos eine weiße Schnee-Schicht, wie mit Puderzucker überzogen. Eigentlich sehr unüblich für diese Jahreszeit.

Bevor die Temperaturen an diesem Montag auf minus 2 Grad sanken, hatten wir einige Tage Regen, der dringend auf der Insel gebraucht wurde, da alles viel zu trocken war. Trotzdem war nicht jeder glücklich über den Niederschlag. Mit der Olivenernte wurde dieses Jahr sehr früh begonnen, und zwar hat man angefangen, dann haben sich die Schleusen des Himmels geöffnet. Das bedeutet jedoch, dass man zuhause bleiben kann, denn Oliven erntet man nur bei trockenem Wetter.

So ergab sich eine gute Gelegenheit, in eine Kneipe zu gehen, wovon es im Winter in Molyvos nur einige wenige gibt. Eine der besten zur Zeit ist die vom Bürgermeister: „Paradosiako“, auch das Kafenion oder das Wohnzimmer des Bürgermeisters genannt.

Molyvos hat einen Bürgermeister, der arg wenig Schlaf nötig hat, und darum seine Zeit bis tief in die Nacht in Kneipen verbringt. Aber man kann sagen was man will, früh morgens ist er fit und macht sich an seine Arbeit. Man kann von ihm nicht sagen,  daß er ein Nachtschwärmer ist.

So vor zwei Jahren verbrachte er seine Nächte in der „Brasserie“, was für die Besitzer ein Albtraum war, denn, wenn der Bürgermeister um 1 Uhr erschien, bedeutete das für sie, dass sie vor 3 Uhr nicht schließen konnten, auch dann, wenn der Bürgermeister der einzige Gast war. Seit vorigem Jahr jedoch, hat sich dieses Problem von selbst gelöst: Der Bürgermeister eröffnete seine eigene Kneipe!

Damit schlug er 2 Fliegen mit einer Klappe: An anderen Plätzen wird man von Kafenions erschlagen, ich meine, diese, durch fluoreszierenden Lampen grell ausgeleuchteten Läden. Wie auch immer, in Molyvos ist nicht ein Kafenion, obwohl jedes Dorf eines haben sollte. 

Es ist der Treffpunkt für die älteren Griechen, die dort ihr Gläschen für die Hälfte des Preises trinken können.

So eröffnete der Bürgermeister auf dem halben Weg zur Agora sein eigenes Kafenion und bekam dadurch zugleich ein neues Wohnzimmer. Das „Paradosiako“ sieht nicht wirklich wie ein traditionelles griechisches Kaffeehaus aus, es heißt nur so. Anstatt weißer Wände und greller Beleuchtung, wird man von  angenehmen Licht empfangen, und die Wände, sind in einem warmen Orange und einem zarten Gelb gestrichen. Das ganze Lokal ist so eingerichtet, dass es an ein gemütliches Zimmer für die Familie erinnert.

Nun kann man den Bürgermeister jeden Abend im „Paradosiako“ finden. Wie eine große Familie, sitzt er zusammen mit vielen anderen Dorfbewohnern.. Durch die kulturellen Bilder an der Wand, dem dunkelbraunen Holz und dem großen Balkon, kommt man sich vor wie in einem  Schweizer Chalet. Aber für alle anderen ist es echt griechisch. 

Ich weiß nicht, auf welche Art und Weise die Griechen die Einrichtungen für ihre Kneipen entwerfen, aber es scheint, dass sie dafür nicht das richtige Händchen haben. In dem neu eröffneten Restaurant von Babis, ist die Musikanlage auf einem riesigen Kühlschrank positioniert. Das bedeutet, wenn man Musik hören möchte, muss man sich einen  Stuhl nehmen, diesen an den Kühlschrank stellen, dann auf den Stuhl steigen und die Musik anmachen. 

Befinden sich anspruchsvolle Gäste im Lokal, die alle fünf Minuten andere Musik hören möchten, heißt das: Stuhl holen, an den Kühlschrank stellen, draufklettern, CD wechseln, runtersteigen und den Stuhl zurückstellen. Wenn man dieses Geschehen mindestens zehnmal hintereinander beobachtet, ist es, als schaue man einen Slapstick-Film.  

Das Restaurant „Sykaminia“ von Vangelis in Skala Sykaminia ist nicht das neueste, aber es hat seine Eis- und Kaffeemaschine  irgendwo auf der anderen Seite der Straße aufgestellt. Das heißt, dass Du Vangelis und seinen Bruder andauernd die Straße auf und ab rennen siehst, Kaffeetassen oder Eisbecher in den Händen.

Auch das neue Wohnzimmer des Bürgermeisters ist nicht wirklich geschickt eingerichtet. Der Kühlschrank mit den Kaltgetränken steht an der Wand gegenüber der Bar. Vor dem Kühlschrank befindet sich ein Tisch. Da das Wohnzimmer des Bürgermeisters nicht sehr groß ist, sitzen dort immer  Gäste an dem Tisch. Im Winter ist es auch der Spieltisch für die Kartenspieler. Das Kartenspiel ist eine der Hauptbeschäftigungen der Einwohner von Molyvos in der Winterzeit. An diesem Tisch ist es jedoch nicht möglich, in Ruhe Karten zu spielen, weil andauernd irgendjemand etwas aus dem Kühlschrank möchte. Es ist schon peinlich, wenn das Spiel gerade voll spannend ist, und Du möchtest gerne eine neue Flasche Retsina haben.

Aber ich muss sagen, so trinkt man wenigstens nicht zu viel und abgelenkt wird man durch gute Live-Musik, die man regelmäßig hier genießen kann. Und dann tanzt der Bürgermeister und seine Frau. Man sieht also: Der Bürgermeister von Molyvos ist Tag und Nacht für seine Bürger da........

Copyright ©Julie Smit 2005