BOULEVARD
NEWS AUS LESVOS
Die Salinen von Skala Polichnitos
17.Januar 2012 - Insel zu vermieten
Aus dem Holländischen von Gabriele Podzierski
Letzte Woche reagierten einige Griechen empört auf den
Vorschlag des Abgeordneten und früheren Ministers Gerasimos Giakoumatos,
die Akropolis und andere archäologische Stätten an Privatunternehmen zu
vermieten, um so Geld in die leeren Kassen zu spülen. Na, ehrlich
gesagt, wenn man da so drüber nachdenkt, ist es gar nicht so eine
schlechte Idee. Vermieten heißt ja schließlich nicht verkaufen, und wenn
der Mieter eine Privatgesellschaft ist, kann man davon ausgehen, dass
die Touristen nicht mehr vor den verschlossenen Türen der Akropolis
stehen, weil mal gerade wieder gestreikt wird.
Um Frankreichs Ikone, den Eiffelturm, kümmert sich doch
z.B. auch der private Betreiber
"SETE",
warum also sollte das nicht in Griechenland funktionieren? Es ist ja
nicht so, dass jetzt einfach jeder das Wahrzeichen als tolle Lokalität
für eine Geburtstagsfeier, oder so, mieten kann. Die Firma hat zum Ziel,
dass der Eiffelturm, nach wie vor, die touristische Attraktion in Paris
bleiben soll. Tja, und da tun sie auch was für. Sie unterhalten nicht
nur allein das Bauwerk und das Terrain drum herum, sie sorgen ebenfalls
für einen guten Touristen-Service, restaurieren, modernisieren im
Bedarfsfall, führen eine Webseite und organisieren regelmäßige
attraktive Veranstaltungen und Ausstellungen. Mit diesem Engagement
gewährleisten sie, dass der Eiffelturm ein zeitgenössischer Blickfang
bleibt und die Stadt mit einem hohen Einkommen rechnen kann.
Wenn man sich die nachfolgende Bilanz aus dem Jahr 2009
ansieht, sollten die Griechen sich wirklich fragen, ob Vermietungen
nicht doch eine Lösung für ihre Probleme darstellt:
Einnahmen: 65,7 Millionen Euro
Ausgaben: 62,4 Millionen Euro (darin enthalten sind 8,5
Millionen, die an die Stadt Paris geflossen sind und 1,3 Millionen für
Frankreichs Steuersäckel).
Man stelle sich nur mal vor, dass ein solch privater
Unternehmer die Burg von Molyvos mieten würde. Wenn dieser wirklich
vollen Einsatz zeigen würde und es intelligent anstellt, könnte er
demnächst für einen regelmäßigen Besucheransturm sorgen. Endlich würden
wieder Events stattfinden, für welche die Gemeinde ja in der letzten
Zeit kein Geld erübrigen konnte. Ohne Frage eignet sich das Bauwerk doch
ausgezeichnet für Konzerte, Tanzaufführungen und andere kulturelle
Aktivitäten. Es könnten spektakuläre Auftritte organisiert werden, wie
z.B. die der französischen Gruppe
“Urban Sax“, die mit bis zu 200 Saxophonisten überraschen würde.
Aus jeder Ecke des Gemäuers würde ihre Musik erschallen, und sie zögern
nicht, dass sie einige Bandmitglieder mit Ihrem Instrument mit Seilen
von den Burgmauern hängen lassen. Teilweise könnte so ein Konzert doch
auch im Hafen von Molyvos stattfinden. Tja, und denken Sie mal an
Andre Rieu; Ein Auftritt dieses holländischen Geigers hoch über
dem mittelalterlichen Dorf würde garantiert Tausende anziehen.
Derselbe Unternehmer könnte sein Territorium auch
ausweiten, wie es auch "SETE“ getan hat und Teil der größeren
Unternehmensgruppe „SNELAC“ ist, die zahlreiche andere Attraktionen
managt, so auch das französische Disneyland. Verstehen Sie mich nicht
falsch, beileibe möchte ich nicht, dass ein solch riesiger Freizeitpark
auf Lesvos Quartier bezieht, es soll nur zeigen, dass, mit ein wenig
Einfallsreichtum, auch hier auf der Insel einiges bewegt und sie für
Touristen noch attraktiver werden kann.
So ist doch nicht nur die Burg von Molyvos ein höchst
interessantes Mietobjekt, sondern auch nachfolgende Stätten der Insel
sollten doch für engagierte Unternehmer von Interesse sein:
Das Aquädukt von Moria. Welch einen Reiz hätten
Picknick-Konzerte oder festliche Lichtevents dort?
Alt-Antissa mieten, die Ruinen restaurieren und einen
seriösen archäologischen Standort daraus machen, wie mit einem
Themenpark alla „Jurassic-Park“, denn schließlich sind dort ganz in der
Nähe, bei Gavathas, die Gebeine prähistorischer Tiere gefunden worden.
Meiner Meinung nach ist ein Salzmuseum bei den Salinen
von Polichnitos längst überfällig. Touristische Attraktion könnte ein
Salzhotel sein, mit Zimmern, aus Salz gebaut. Wenn es in der finnischen
Hafenstadt Kemi möglich ist, ein
Schneehotel zu bauen, dürfte das doch auch mit Salz als
Werkstoff möglich sein.
Die Wasserfälle und Grotten auf Lesvos auf anständige
Weise für ein größeres Publikum zugängig zu machen, sollte doch auch
einen Anreiz für einen privaten Investor darstellen.
Von den Grotten aus, könnte man fantastische Labyrinthe
legen, und an den Wasserfällen Bungee-Jumping anbieten.
Es hört nicht auf mit den Möglichkeiten: Nehmen wir das
Kloster „Moni Ypsilou“, welches nur zu ideal für folgende Idee ist:
Umbauen in ein Sterngucker-Hotel, indem man ein riesiges Teleskop
aufstellt und die Zimmer mit gläsernen Decken ausrüstet, so dass die
Gäste Sterne sehend in den Schlaf fallen können.
Aus dem pittoresken Bergdorf Agiassos könnte ein
Freilichtmuseum werden, das Kurse des alten Handwerks, wie das Töpfern
und Holzschnitzen im Angebot hat, geleitet von den Dorfbewohnern in
ihren traditionellen Trachten. Da Agiassos auch für seine
Schauspieldarbietungen bekannt ist, dürften auch Einführungen in diese
Kunst nicht fehlen.
Für Plomari bietet es sich an, die alten herrschaftlichen
Gebäude zu restaurieren und ein Schifffahrtsmuseum zu integrieren, hat
dieses Städtchen doch einst tatsächlich vom Schiffsbau gelebt.
Mandamados hingegen schreit förmlich danach, das Käsedorf
der Insel zu werden, mit Molkereibetrieben und einem wöchentlichen
Käsemarkt. Denken Sie an Alkmaar, das einen hohen Besucherstrom wegen
dieser Veranstaltung verzeichnen kann.
Tja, und Kalloni? Was spricht dagegen, es in ein
holländisches Städtchen zu verwandeln, klicken Sie nur mal auf “Orange
County Resort“ (Antalya) oder
“Huis ten Bosch“(Japan).
Naja, letzterer Vorschlag mag ein wenig übertrieben zu
sein, und sollte wirklich jemand da sein, der all die anderen in die Tat
umsetzt, so sollte aus Lesvos doch bitte nicht ein überdimensionaler
Vergnügungspark werden. Ich wollte halt nur mal aufzeigen, dass die Idee
archäologische Stätten an private Unternehmen zur Vermietung
freizugeben, keine schlechte ist, die nicht nur Geld für die Kommunen
sondern gleichzeitig auch Arbeitsplätze und Touristen bringen würde.
Ein vorbildliches Beispiel, wie man diesbezüglich mit der
Zeit gehen kann, gibt derzeit das Museum für Naturgeschichte des
Versteinerten Waldes auf Lesvos: Man hat erkannt, dass das Inselchen
Nissiopi, welches direkt dem Hafen von Sigri gegenüberliegt und Herberge
zahlreicher versteinerter Bäume ist, ebenfalls der Öffentlichkeit
zugänglich gemacht werden sollte und will nun, und zwar bereits in der
kommenden Saison, Besuchern mit einem Glasbodenboot die Überfahrt
ermöglichen.
Tja, und so erweist sich das kleine abgelegene Dörfchen
Sigri derzeit als das vorausschauendste der Insel.
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